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„Comedian, Poet, Philosoph“ (MZ 10/23)

Comedian, Poet, Philosoph

Eine ausverkaufte Premiere, die Zusatzveranstaltung ebenfalls voll und im Januar ein weiterer Termin, der auch schon wieder gut nachgefragt ist: Matthias Gietl lächelt vergnügt beim Gespräch über sein Programm „Liebe, Sex und Einsamkeit“, das er kürzlich im Statt-Theater Regensburg vorgestellt hat.

„Ein Thema“, sagt er nachdenklich und nimmt den dauerpräsenten Vokabeln gleich etwas von ihrem erotischen Versprechen, „das jeden bewegt. Vor allem Männer, aber nicht nur“, meint er mit Blick auf die „vielen Missverständnisse von Frauen und Männern“.

Für den knapp 40-Jährigen ist mit dem abendfüllenden Comedy-Programm durchaus Selbstreflexion verbunden, wie er bei einem Cappuccino andeutet. Zuallererst aber konnte er jetzt in der Lebensmitte „endlich den Traum des 14-Jährigen realisieren Wort, Zauberei, Jonglage und philosophischen Tiefgang“ in einem stringenten Programm zu verbinden.

Er beherrschte Zauberei und „freche Rede“

Tatsächlich hatte Gietl mit knapp 14 seinen ersten Auftritt im Wohnzimmer vor der Canasta-Runde seiner Mutter. Und die Runde ließ es sich nicht nehmen, sich jetzt auf den Weg ins Statt-Theater zu dem begabten Knaben zu machen, um seine Kunstfertigkeit und unterhaltsame Bühnenpräsenz zu bestaunen. Schon in der pubertären Phase beherrschte der Schüler etliche Zauberkunststückchen „und die freche Rede“, wie Gietl seinen damaligen Unterhaltungswert selbst amüsiert einschätzt. Die Sprache allerdings trat erst einmal in den Hintergrund, als der Sohn eines Verlegers vorzeitig vom Gymnasium abging und an die TuT, die Schule für Tanz, Clown und Theater in Hannover zu wechseln. Nach schweißtreibenden Jahren hatte er sein Diplom.

Nun besaß der Jongleur, der zauberte, zwar ein Clownszeugnis als „staatlich geprüfter Komiker”. Ungelöst blieb bei der vorwiegend nonverbalen Kunst das Problem mit dem Wort. Auch wenn Gietl als „The Keen“ effektvolle und spektakuläre Shows mit Feuer, Licht und starker körperlicher Präsenz auf die Bühne brachte: Die Sprache fehlte ihm.

Das änderte sich, als Gietl dem Dichter, Wortakrobaten und Bühnenautor Friedhelm Kändler begegnete.Der wurde mit seinen dadaistischen Wortspielereien zu Gietls Vorbild und Mentor. Mit der Zusage, Texte und Gedichte verwenden zu dürfen, gelang Gietl, „ein Gesamtes zu schaffen, künstlerische und akrobatische Ausdrucksformen in einer Person zu bündeln“. Das sei der fehlende Teil gewesen.

Gedichte vom Wasserhuhn

In absurden Reimgedichten, wie „Das Baugerüst“, das „noch nie ne Frau geküsst“ oder dem „Wasserhuhngedicht“, die er in sein aktuelles Programm eingebaut hat, hat der Regensburger „den poetischen und philosophischen Tiefgang“ für seine Show gefunden. Für Gietl ist deshalb nur folgerichtig, dass er sich poetischer Comedian nennt, auch um zu zeigen, dass das Publikum nicht „nur schwere Kost“, sondern auch was zu lachen bekommt. Gietl schaut sich häufig andere Comedians an, gesteht aber, ohne Kollegen namentlich zu nennen, dass er manches Programm zu flach findet. „Ich langweile mich auch manchmal.“

Mit seiner aktuellen „One Man Variety Show“ sieht sich Gietl „als Zauberer, Philosoph, Poet und Komiker“. Gerade bereitet er eine größere Deutschlandtour vor. „Jetzt habe ich das Gefühl, dass alles richtig an seinem Platz ist.“ Dafür hat er neben Jobs als Mediengestalter, um den Lebensunterhalt zu verdienen, zahlreiche Workshops, Kurse und Fortbildungen absolviert. Gerade ist er dabei, an der Uni ein Studium mit dem Master in Rhetorik abzuschließen, zuvor hat er an der OTH soziale Arbeit studiert. „Ich habe daraus sehr viel für meine Bühnenarbeit gezogen.“

In der Region gastiert Matthias Gietl nochmals im Statt-Theater Regensburg – Tickets gibt es noch für 28. Januar – und im Februar in Cham, alle Details: matthias-gietl.de.

(von Michael Scheiner)